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gedanken über das leben

Unser Nachbar ist tot. Vor 3 Monaten war er noch fit, fast mehr als ich.

Das Traurige: es ist so endgültig. Wer stirbt, hat, bis es soweit ist, vielleicht Angst und Panik. Dann ist es vorbei. In dieser Hinsicht ist der Tod mit dem, den es betrifft, gnädig. Einschlafen und nie mehr aufwachen. Keine Möglichkeit mehr, ein Angstattacke zu bekommen, weil man sterben könnte. Sondern einfach nur Stille. Oder was da auch immer kommen mag.

Für die Angehörigen ist es dann nicht vorbei. Es beginnt erst. Das Fehlen. Nie mehr kommt er durch die Tür, nie mehr läuft er durch den Garten. Auch wenn man glaubt, dass das bestimmt jeden Moment passieren muss.

Für mich war er "nur" ein Nachbar. Ein paar kurze Gespräche. Davon allerdings ein wichtiges. Kurz nach dem Tod meiner Mutter redete er auf mich ein, ich solle mir eine Frau suchen. Das Leben alleine wäre nicht gut. Ich ließ das damals nicht so an mich ran, aber wer weiß, vielleicht wurde durch dieses Gespräch doch ein Samen gesät.

Ja, H. war ein Familienmensch. Er litt, als seine Frau in ihren letzten Jahren nicht mehr reden konnte. Aber sie war wenigstens noch bei ihm ... bis vor 2 Jahren.

H. fuhr ab diesem Zeitpunkt jeden Tag zu ihrem Grab. Ich habe das Gefühl, dass H. ab dem Tod seiner Frau so langsam zu sterben begann. Obwohl er sich nicht eingrub, obwohl er nicht verzweifelt wirkte (zumindest nach außen hin). Obwohl er für seine 78 Jahre topfit war ... und nicht wusste, dass der Lungenkrebs in ihm bereits zu wachsen begonnen hatte.

Wenn ein Partner stirbt und man nicht loslassen kann, dann kann es sein, dass sich die Straße nach oben zu pflastern beginnt. Nach zwei Jahren war es soweit, der Krebs war riesengroß und inoperabel. Nun ist H. dort, wo er seine Frau wiederzufinden hofft.

Dabei wünscht sich doch der, der gestorben ist, gar nicht, dass man ihm so schnell wie möglich folgen solle.

Wäre ich nicht mehr da, dann wünschte ich mir, dass Beate lebt, lacht ... und auch wieder liebt. Aber ob ich es könnte, wenn Beate zuerst geht? Ich weiß es nicht. Ich will auch nicht weiter drüber nachdenken, sondern leben.

Solange bis ... ja, wie lange eigentlich ? Bis es phyisch nicht mehr geht ? Bis alle Aufgaben hier unten erfüllt sind ? Steht das Herz still, weil unsere Zeit vorbei ist ? Oder ist unsere Zeit vorbei, weil das Herz still steht ?

Egal wie, mögen es noch viele geistig und körperlich selbstbestimmte Jahre bei Beate und mir sein. Mögen ich sie noch oft in die Halskaut küssen können. Möge ich noch oft ihre Haut spüren, ihre Wange, die Magie eines Menschen, der mich liebt. 80 Jahre zu werden, das wäre mein Traum. Alles danach ist glücklicher Bonus.

Morgen früh, wenn ich aufwache, möchte ich dran denken, dafür dankbar zu sein.
 

Engelbert 03.01.2006, 18.18

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Kommentare zu diesem Beitrag

18. von Carola (Fürth)

@Jutta
muss mir grad paar Tränen aus den Augen wischen .. also ich glaub nicht, dass es nur Zufall war, mit diesem besonders schönen Wochenende für euren Vater, es sollte wohl so sein ....
Liebe Grüsse an dich

vom 04.01.2006, 21.34
17. von Jutta

Ich habe 1999 beide Eltern verloren. Meine Mutter im März, das war vorauszusehen (3 Jahre Pflegeheim) und meinen Vater im Oktober, ganz überraschend. Am Wochenende vor seinem Tod war - was ein Zufall - die ganze Familie bei ihm zu Besuch. Tochter (ich) und Sohn mit Ehepartnern und die beiden Enkelinnen. Es war ein sehr schönes Wochenende mit viel Lachen und Freude. Ich habe ihm versprochen, jeden Monat an einem Wochenende zu kommen, um näher bei ihm zu sein und mich um ihn zu kümmern. 1x geht nur, wir haben ein Geschäft und sind 280 km getrennt. Nun, daraus wurde leider nichts. Mein Papa hatte sich am Mittwoch nach dem wunderbaren Wochenende für immer von uns verabschiedet. Als mein Bruder mich anrief, konnte ich es nicht fassen und bin sofort mit der Bahn Richtung Norden gefahren, um mich von ihm am Totenbett zu verabschieden. Das konnte ich bei meiner Mutter leider nicht. Das Verhältnis zu meinem Vater war auch inniger. Meine Gedanken sind sehr oft bei ihm; aucher ist immer bei mir, zumal ich seit der Zeit sein Auto fahre und ihn als meinen Schutzengel betrachte. Ich bin dankbar dafür, dass er ruhig eingeschlafen ist. Das wünsche ich für mich auch. Vor allen Dingen keine vorangegangene Krankheit, die mich pflegebedürftig macht.

vom 04.01.2006, 19.21
16. von gitte

moin. das ist ein bewegendes thema- der endgültige abschied. er zeigt uns, dass wir heute bewußter leben sollten. wenn ein alter mensch stirbt, ist es schmerzlich, aber akzeptabel. ein kind zu verlieren, ist schwieriger. unsere tochter starb sehr jung an einer sepsis (blutvergiftung). das ist unbegreiflich, inakzeptabel und nur nach jahren fügst du dich in dieses schicksal.nichts ist im leben selbstverständlich, schauen wir genau hin. herzliche grüße: gitte

vom 04.01.2006, 15.02
15. von gitte

moin. das ist ein bewegendes thema- der endgültige abschied. er zeigt uns, dass wir heute bewußter leben sollten. wenn ein alter mensch stirbt, ist es schmerzlich, aber akzeptabel. ein kind zu verlieren, ist schwieriger. unsere tochter starb sehr jung an einer sepsis (blutvergiftung). das ist unbegreiflich, inakzeptabel und nur nach jahren fügst du dich in dieses schicksal.nichts ist im leben selbstverständlich, schauen wir genau hin. herzliche grüße: gitte

vom 04.01.2006, 14.58
14. von sonja-s

viele, viele Gedanken dazu und auch das Bedürfnis mich mitzuteilen, aber das würde den Rahmen dieser Kommentarfunktion sprengen.

Deshalb nur ein Gedanke.
Vor dem eigenen Tod habe ich keine Angst, aber ich wünsche mir sehr, keinen Menschen der mich liebt, zurücklassen zu müssen.

Da es in meinem Leben wieder einen Menschen gibt dessen Herz voll Liebe für mich ist, ist es meine vorrangigste Aufgabe gut auf mich aufzupassen, damit mir nichts passiert und er keinen solch schmerzlichen Verlust erleben muß.

vom 04.01.2006, 13.37
13. von Tina

Ein paar tröstende Worte zum Sterben von Anne Steinwart:

Hier klicken

vom 04.01.2006, 04.56
12. von Carola (Fürth)

Ich war heute wieder zu Besuch bei meinen Eltern. Im Mai haben sie-wenn Gott will- bereits ihren 55. Hochzeitstag. Sie gehören zusammen und ich weiss, dass einer ohne den anderen niemals mehr richtig "leben" könnte und wollte. Ich wünsche mir so sehr, dass sie noch einige Jahre zusammensein dürfen.

Ich werde mich nie damit abfinden können, dass der Tod zum Leben gehört .... ich hab einfach nur grosse Angst davor. Angst meine Lieben zu verlieren. Und auch Angst vor meinem eigenen Tod, obwohl ich gläubig bin. Ich lebe gerne, die Welt ist schön, trotz aller grossen und kleinen Sorgen, die ich habe und die das Leben mit sich bringt.

Liebe Grüsse
Carola

vom 03.01.2006, 22.47
11. von Elvira

alle sterbefälle in der familie hatte ich schadlos überstanden bis ja bis mein vater an der reihe war. das ging ruckzuck innerhalb von 6 wochen war er tot. zuerst habe ich ihn gehasst, dafür, dass er so schlimm krank war (krebs). über meine eigene reaktion war ich sehr erschreckt. als ich ihn am tage vor seinem tode im kh besuchte, wußte ich, er hatte sich verändert und ging hinüber, er war nicht mehr er selber. zu diesem übergang wollte er mich nicht, er schickte mich weg. zur beerdigung rauschten die bäume und tage danach verabschiedete er sich im traum von mir.

gestern dachte ich so für mich hin.... wie ist der zustand aus dem neugeborene geschaffen werden. das ist eine brücke zum gestorbenen. der stoffliche zustand aus dem das sperma und die eizelle geschaffen werden sind sie aus bereits gelebten material, sprich wiedergeburt ?
ich möchte so von diese welt gehn, wie ich wiedergeboren werde.
mein partner und meine kinder dürfen ruhig eine träne zu meiner beerdigung vergießen, mehr aber keinesfalls !!

vom 03.01.2006, 22.27
10. von Karin

H. erinnert mich so an meinen Vater.
"Ist unsere Zeit vorbei, weil das Herz stillsteht?" Nun, das Herz meines Vaters ist auch nach den 14 Jahren nach dem Tod seiner Frau (=meiner Mutter) bei ihr stehen geblieben. D.h. mit den Folgen (Depressionen) hat er gewissermaßen noch immer zu kämpfen; und er hat auch nie wieder jemand anders gefunden - eben weil sein Herz für immer bei seiner toten Frau geblieben ist.

Ich persönlich bin in meinem jungen Leben noch keinem Menschen begegnet, dessen Verlust mich in so ein Loch stürzen könnte. Aber wenn ich diesen Menschen gefunden haben werde und jahrelang mit ihm sein Leben geteilt haben werde, würde es mir schon schwer fallen, ihn loszulassen, wenn es denn soweit wäre. Dafür ist Liebe ein zu großes Geschenk, das man in seiner reinsten Form nicht oft findet und manchmal schneller wieder verliert, als man denken kann ...

Aber danke für diesen tiefsinnigen Text. So etwas habe ich in letzter Zeit etwas vermisst in Deinem Blog ;-). Endlich kann ich mal ernsthaft mitreden.

An alle: Genießt Euer Leben, am besten gemeinsam mit dem Menschen, den Ihr liebt! Genießt es so, als könnte es Euer letzter Tag sein (im positiven Sinne)!
Karin

vom 03.01.2006, 22.17
9. von Inge aus Hamburg

Wer den Tod bei geliebten Menschen kennenlernen musste, der wird zu gewissen Themen wortlos und denkt.

vom 03.01.2006, 22.11
8. von reia

Das Schlimme am Tod, ist nicht die Tatsache,
dass er uns einen geliebten Menschen nimmt,
sondern vielmehr,
dass er uns mit unseren Erinnerungen allein lässt.


vom 03.01.2006, 21.59
7. von Gabi

Meine Eltern haben im Februar Goldene Hochzeit - und ich wünsche mir, dass sie das beide noch bei relativ guter Gesundheit feiern können.

Meine Eltern sind in einem Alter, wo der Freundeskreis immer mehr am Wegsterben ist. Ich habe meine Mutter mal gefragt, wie das ist. Sie sagte mir, dass sie schon betroffen und traurig ist, aber dass man selber mit zunehmenden Alter gelassener wird.
Seit einiger Zeit geht es meinem Vater nicht gut und ich versuche, die noch verbleibende Zeit intensiv zu nutzen. Ich stelle ihm Fragen, die ich früher nie gestellt hätte und sage ihm Dinge, die ich ihm früher auch nicht gesagt hätte.
Ich versuche eigentlich, meinen beiden Eltern zu vermitteln, dass sie alles richtig gemacht haben, dass sie als Eltern und Menschen erfolgreich waren. Ich sagen ihnen, wie dankbar ich bin für ihre gute Erziehung, mit der ich mich auf jedem gesellschaftlichen Parkett sicher bewegen kann. Ich erzähle ihnen, wie glücklich und geborgen ich aufgewachsen bin und wie geborgen ich mich immer noch fühle bei ihnen.

Meinem Mann hat das Schicksal übel mitgespielt in der Beziehung. Die Mutter starb an Krebs, als er 21 Jahre alt war. Dirks Vater hat den Tod nie verwunden und wurde sehr depressiv. Er starb vor zwei Jahren an einer eigentlich harmlosen Erkältung nach einem 3 Monate dauerndem Siechtum an gebrochenem Herzen.
Dirk hat mittlerweile seine ganze Familie zu Grabe getragen, einschließlich aller Großeltern.

Liebe Grüße,
Gabi

vom 03.01.2006, 21.50
6. von Ulla M.

Lieber Engelbert,

da wir auch grad betroffen sind, machen wir uns natürlich zur Zeit auch viele ähnliche Gedanken wie du.
Mein Schwager hat bis 15. Oktober noch gearbeitet. Es ging ihm oft schlecht, das ganze Jahr über, aber er ist nie zum Arzt gegangen und dann auch nur, weil er keine Luft mehr bekam, weil er dachte er ist erkältet, weil er Angst hatte, er steckt mit dieser Erkältung seine Frau an, die grad eine Brustkrebsoperation hinter sich hat. Er geht zum Arzt, es wird ein Blutbild gemacht, er muss ins Krankenhaus, inoperabler Blasenkrebs. Und meine Schwägerin jetzt in der Chemotherapie. Die ersten Tage nach seinem Tod hatte sie ja voll zu tun, aber jetzt kommt die Einsamkeit, und sie ist in ein tiefes Loch gefallen. Wir können auch nicht immer bei ihr sein, aber wir sagen ihr immer, dass sie jetzt um sich kämpfen muss, um ihr Leben, dass sie den Krebs besiegt. - Ob es hilft?
Mein Mann und meine Schwägerin sind jeden Tag in die Klinik gefahren, wir haben immer gehofft und gebetet, dass es wieder besser wird, aber man muss dann irgendwann los lassen, dann kann der Kranke in Ruhe einschlafen.
Wir - mein Mann und ich - freuen uns jetzt auch über jeden Tag den wir haben, auch wenn man vielleicht mal streitet. Ist es nicht viel schlimmer, wenn plötzlich keiner mehr da ist zum Streiten?
Ein lieber Gruß aus Gernrode

Ulla

vom 03.01.2006, 21.06
5. von plueschdino

das glück, richtig, tief, bedingungslos, "ewig" zu lieben und geliebt zu werden -
bezahlen wir mit dem schmerz, einander zu verlieren, wenn einer der beiden stirbt.
"bis dass der tod euch scheidet" - keine bedrohung, dass es zu lang, sondern die hoffnung, dass es nicht zu kurz sein möge......

vom 03.01.2006, 20.25
4. von gitte

Hallo engelbert,
ich hatte ja auch so einen ähnlichen Fall bei mir auf Station, vielleicht hast du es ja gelesen.
Diese Frau ist an gebrochenen Herzen gestorben. Bis jetzt hab ich immer über solche Ausdrücke geschmunzelt... jetzt ist es mir vergangen. Es war sehr intensiv und sie ging ihren Mann nach, schon zwei Wochen nach seinem Tod. Sie litt so unsagbar unter seinem Tod, obwohl sie dement war. Aber das tut sowieso nichts zur Sache. Gerade die Gefühle sich bis in den Tod erhalten.
Und jetzt gehts mir so ähnlich wie dir.
Ich denke jetzt anders.
Bin so dankbar für jeden Morgen, dass ich neben ihm aufwachen darf... ich glaub ich würd auch an gebrochenen Herzen sterben.
Diese Gedanken können einen Angst machen. Angst vor der Zukunft, was sie bringt, diese Ungewissheit.
liebe grüße
gitte

vom 03.01.2006, 20.02
3. von josi

diese Gedanken begleiten mich nun seit 20 Jahren. Ab dem Tag, wo ich mich verliebt habe und ich verdamme den Tag des "sich verliebens". Eben aus der Angst, der Sorge heraus, was wäre wenn...

Leider haben wir so eine Erfahrung 1990 machen müssen, was passiert, wenn einer geht, der innig geliebt wurde.

Scheiße ist das alles und Deine Gedanken, oh da könnt ich schon wieder heulen.


LG Josi

vom 03.01.2006, 18.52
2. von Gabi

Dazu fällt mir das Gedicht "Memento" von Mascha Kaleko ein; es beginnt mit

"vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang, nur vor dem Tode derer, die mir nah sind. Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?" Und er Schluss ist:

"Den eignen Tod, den stirbt man nur. Doch mit dem Tod der andern muss man leben."

Liebe Grüße aus München
Gabi

vom 03.01.2006, 18.30
1. von Elise-Christina

Obwohl ich meinen Mann nicht sterben lassen möchte, würde ich ihm dennoch wünschen, vor mir gehen zu dürfen. Ich glaube fast, dass viele Frauen so denken - aus Fürsorge.

vom 03.01.2006, 18.29
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