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gesundheit


Monika fragt, warum sich niemand in den Blogs über die Gesundheitsreform aufregt. Und Ingrid greift dieses Thema auch auf.

Ja, warum steht davon nur wenig in den Blogs. In manchen Blogs deswegen nicht, weil die Schreiber einfach gesund sind. Und schon lange keine Arztpraxis mehr von innen gesehen haben und das soll auch so bleiben.

Andere Schreiber haben genug Geld, als dass sie sich über die 40 Eurönchen im Jahr aufregen könnten.

Aber obige Beispiele sind doch eher die Minderheit ? Gehen wir mal davon aus ... ich bezahle auch im Jahr viermal meine Praxisgebühr und mehr als eine kleine ironische Bemerkung war es mir bisher nicht wert. Warum ?

Wegen Machtlosigkeit !!

Man sieht sich einfach nur erschüttert, aber hilflos dem Geschehen gegenüber. Man spürt, wie viel Macht die Pharma-Industrie hat. Man wünscht sich, dass alle auf die Straßen gehen und protestieren, aber man glaubt nicht im Entferntesten dran, dass das passieren kann.

Wenn mal wieder ein neues Geldbeutelentleeregesetz auf den Markt kommt, dann geht das Denken so los.

1. Erschütterung, schon wieder sowas ...

2. Prüfung, ob man selbst davon betroffen ist

    wenn nein: ignorieren und froh sein

    wenn ja, dann:

3. Nachdenken über Schadensbegrenzung. Gibt es Schlupflöcher, kann man die neuen Kosten umgehen.

    wenn ja: sich in die Schlupflöcher begeben

    wenn nein, was am häufigsten der Fall ist:

4. Schimpfen über die Politik, die Krankenkassen, die Ulla, die Welt, die Pharmaindustrie. Mit jedem Schimpfwort ärgerlicher werden. Mit jedem Wort die Machtlosigkeit mehr spüren. Deswegen noch ärgerlicher werden. Und dann ...

... zum Selbstschutz das alles irgendwie verdrängen, sich seufzendwehklagend auf die Couch fallen lassen und ins Schicksal fügen. Diese Welt erträgt nur, wer sie nicht immer an sich ran lässt.

Wer eine Idee Gerechtigkeitsgefühl im Leib hat, der macht sich beim Lesen der Zeitung und beim Hören der Nachrichten systematisch kaputt.

Mein Gott, ich würde auf die Straße gehen deswegen. Ich würde hinter jemanden herlaufen, der das alles organisiert hat. Viele würde "hinter einem" herlaufen. Aber keiner will vorneweg laufen.

Weil es irgendwie klar ist, dass wir einmal quer durch Deutschland laufen könnten, ohne wirklich was zu bewirken.

Medikamente und Arztbehandlungen sind keine Dinge, wo man die Wahl hat und nicht auch nein sagen könnte. Man braucht sie einfach. Und darin liegt die Macht der Politik/Industrie etc. - wir sind darauf angewiesen und wir können nicht zum anderen Arzt gehen, der billiger ist.

Es sind alles so kleine Häppchen, da ein Euro mehr, dort 10 Euro im Quartal. Es ist nie die große Summe, die für einen Aufstand reichen würde. Das wissen auch die Politiker.

Das einzig tröstliche ist für viele, dass die gesamten Kosten auf maximal 2 % der Bruttoeinnahmen (bei chronisch Kranken 1%) beschränkt sind. Und selbst das weiß nicht jeder.

Eine Übersicht der Änderungen und Zuzahlen gibt es hier.

Das alles ist nur der Anfang, es werden auf der einen Seite Millionengewinne gemacht (ohne dafür auch Millionen Steuern zu bezahlen) und auf der anderen Seite zahlt der kleine Mann immer mehr. Die Schere klafft weiter auseinander und die Menschen schauen mehr, auf die andere Seite der Schere zu kommen als für die eine benachteiligte Schere zu kämpfen.

Unser Land ist so korrupt, dass es so wehtut, sich damit zu beschäftigen, so dass man eher nicht mehr davon wissen will und sein Heil in der Flucht oder auf der Couch sucht. Ich spüre, wie Wut in mir aufsteigt, je länger ich über bestimmte Dinge nachdenke.

Die Wut der Machtlosigkeit.

Doch irgendwie reicht auch die nicht aus, selbst als Anführer auf die Straße zu gehen. Ja, warum denn nicht ? Warum sind die Wütenden nur wütend, statt diese Wut in Energie umzuwandeln und zu protestieren ?

Man glaubt, man kann nichts ändern. Vielleicht könnte man ... doch Tatsache ist, dass der Staat Geld braucht in vielen Bereichen und wenn ein Protest Erfolg haben sollte, dann kann man eine Woche später wegen der nächsten eingeführten Mehrbelastung wieder auf die Straße gehen.

Engelbert 18.01.2004, 13.24

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Kommentare zu diesem Beitrag

9. von Karin

Mal ehrlich: die Kassen sind doch leer weil tausende, die nie einen Pfennig einbezahlten (weil sie nicht in diesem Land arbeiteten),jetzt hier Rente beziehen (waren alle Ing.!). Und ebensoviele hier auf Allgemeinkosten die Goldzähne sanieren liesen und das Gold noch zusätzlich verkauften! Ganz zu schweigen von den Häusern, die nach 5 Jahren im Schlaraffenland gebaut werden können.
Da liegt der Hund begraben, und sonst nirgends!
Gruss Karin

vom 18.01.2004, 20.49
8. von Ingi

Ein schockierender Eintrag von Stefan, den ich jetzt einfach mal so glaube. Aber genau das ist das Problem: wir, die Gesellschaft und die Politiker, sind nicht in der Lage, die Sozialschmarotzer von den wirklich Bedürftigen und Kranken zu trennen. Die, die die Wohltaten der Gesellschaft nach Strich und Faden ausnützen, kommen damit einfach so durch. Kann man das mit der sog. Gesundheitsreform abstellen? Mag sein, aber leider fallen welche durch das Raster, die es nicht verdient haben.
P.S. Leider kenne ich auch Menschen, die schuhschachtelweise Medikamente horten, die sie dann doch nicht brauchen.

vom 18.01.2004, 20.28
Antwort von Engelbert:

Ich habe Stefans Kommentar weiter oben beantwortet ...
7. von Stefan

Moin Engelbert,
wie immer hast du die Sache stark vereinfacht und bewußt einseitig dargestellt.
Deshalb werde ich dir mal genauso einseitig antworten.


1. Tatsache ist doch, dass im Gesundheitswesen mehr Geld ausgeben als eingenommen wird. Sparen ist also absolut notwendig und wo gespart werden muss bleiben natürlich liebgewonnene Privilegien auf der Strecke. So "schön" wie es bisher war, kann es also in der Zukunft nicht mehr sein.

2. Unser Krankenkassensystem beruht auf dem Solidaritätsprinzip, dass viele Gesunde wenige Kranken unterstützen. Leider sind aber etlich von uns der Meinung, sie müßten möglichst viel von ihrer Krankenkasse zurück bekommen.
Da läßt man sich vom Arzt rezeptfreie Medikamente verschreiben weil es billiger ist (auch wenn die Krankenkasse jetzt zusätzlich auch noch Arztkosten begleichen darf), da quillt der Medikamentenschrank über, weil man all die Tabletten eigentlich doch nicht braucht und natürlich wird jede auch noch so teure Untersuchung, Kur, Massage etc. dankend mitgenommen.
Wie du ja weißt, arbeiten meine Freundin, meine Schwester und zweidrittel meines Freundeskreises als Ärzte in Krankenhäusern. Wenn du ihre Erlebnisse hörst, kannst du nur mit dem Kopf schütteln.
Kurpatienten lassen sich Mineralwasser verschreiben, weil zwischen den Mahlzeiten in den Kuranstalten keine Umsonstgetränke verfügbar sind.
Besonders beliebt ist auch die Fahrt mit dem Rettungswagen. Was macht man wenn man sich den Kopf gestoßen oder den Finger gequetscht hat. Kühlen und abwarten? Nein, dann doch lieber zum Arzt. Aber nicht zum Hausarzt, denn da muß man ja solange warten. Dann doch lieber in die Notfallambulanz. Aber wie? Den Ehegatten oder Nachbarn fragen? Ach nee, die haben keine Lust. Ein Taxi rufen? Lieber nicht, denn das könnte 12 Euro kosten. Also den Notruf wählen und den Rettungswagen kommen lassen, denn den zahlt die Kasse. Im Krankenhaus dann das volle Programm. Sicher ist sicher. Und wie zurück? Natürlich mit dem vom Arzt ausgestellten Taxischein (auf Kassenkosten). Wenn du glaubst, dies ist ein von mir konstruierter Einzelfall, so irrst du dich. Bei meiner Freundin sehen mehr als die Hälfte aller Notfalleinsätze so aus.
Seit dem 1. Januar ist damit Schluß. Noch schauen zwar viele Sparfüchse ungläubig, wenn sie hören, dass sie plötzlich die 500 Euro für den Rettungswagen selber zahlen müssen, aber von Tag zu Tag wird es besser. Die von den Medien kritisierten Reformen klappen in der Praxis ganz gut. Plötzlich kommen die Leute auch ohne Rettungswagen und Taxischein klar.
Vielleicht sollten wir alle bereit sein, etwas mehr Mühe und Geld für unsere Gesundheit zu investieren.

vom 18.01.2004, 19.46
6. von Gabi

vielleicht liegt der denkfehler im wörtchen "man".

vom 18.01.2004, 19.34
5. von Ingi

Ich wage zu behaupten, dass es Wichtigeres gibt. Klar, für eine Altenheimbewohnerin, die kein Geld hat und dann von ihrem kargen Taschengeld nochmal Geld abdrücken muss, ist es sicher das Wichtigste von der Welt und ich finde gerade solche Fälle empörend. Für mich sind allerdings alle DIE Sachen wichtiger, die schlimme Konsequenzen für die Zukunft haben und das sind Entscheidungenim wirtschaftlichen und bildungspolitischen Bereich.-

Dann bleibt allerdings noch immer die Frage, wer Protest organisiert und wer vorangeht. Als wir in den Sechzigern gegen Strauß als Kanzler, gegen die Notstandgesetze und gegen die Fahrpreiserhöhung der KVB demonstriert haben, gab es die Probleme nicht. Die Studentenausschüsse haben das organisiert. Aber ich glaube, die Studenten sind heute auch mit anderem beschäftigt.

vom 18.01.2004, 17.27
4. von Elke

Hallo Engelbert,
da gab's aber doch seit dem 1.Januar schon einige Beiträge in den verschiedensten blogs und auch Diskussionen darüber. Ich habe ebenfalls dazu Stellung bezogen, natürlich erstmal aus meiner Sicht und in Bezug auf die Praxisgebühr, die für mich Augenwischerei fürs Volk ist - Beitragserhöhung durch die Hintertür. Einige blogger sind inzwischen schon längst einen Schritt weiter und werden demnächst versuchen nicht nur zu jammern, sondern per blog direkt an die Politiker ranzugehen. Mehr sag ich jetzt nicht, da das Ganze noch nicht spruchreif ist.
Elke

vom 18.01.2004, 16.29
3. von Johannes

Hätten die Krankenkassen den Beitrag um 0,1% angehoben, statt die wesentlich geringere, dafür um so symbolischere Einnahmequelle der Praxisgebühr einzuführen, hätte sich _niemand_ aufgeregt.

vom 18.01.2004, 15.56
2. von Ingi

Man müsste, ja ... Aber wenn man gegen alles und jedes protestiert, was nicht in Ordnung ist, dann kommt man aus dem Protestieren nicht mehr raus. Man muss es wohl auf die wirklich wichtigen Dinge beschränken ...

vom 18.01.2004, 15.47
Antwort von Engelbert:

Dann ist halt die Frage, ob die fortschreitende Geldbeutelschneiderei zu den wirklich wichtigen Dingen gehört, für die man protestieren "müsste" ?? ...
1. von Mishale

Ich habe auf der Arbeit genug damit zu tun, ich weigere mich einfach, es noch in mein Blog zu schreiben ;)

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