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wartezimmergespräche


Viel Zeit heute in Wartezimmern verbracht. Aaber heute morgen war ich pünktlich. Aaber ich fand keinen Parkplatz. Rundreise mehrfach an den parkenden Autos vorbei. Lückenlos aufgestellte Karossen. Mit mir sind auch andere Autos auf Rundreise.

Ein Herrchen schaut ziemlich grimmig, weil er glaubt, ich würde im Schritttempo hinter der alten Frau her fahren, hoffend, dass sie wirklich in ein Auto steigt und fährt. Ich mache auch genau das ... hinter der Lady herfahren ... um festzustellen, dass sie in einem Hintereingang verschwindet.

Mit 20 Minuten Verspätung, das Auto 10 Gehminuten entfernt geparkt trudele ich ein.

Ich sitze. Und wer kommt. Der ehemals grimmig blickende. Etwas lockerer, aber nicht gerade Freundschaften suchend. Nett wie ich bin nicke ich ihn freundlich an "auch e Parkplatz gesucht ??". Er brummelt mir ein bejahendes "hmm" entgegen. Damit war das Gespräch auch schon zu Ende.

Doch der Nächste kommt ins Wartezimmer. Schaut mich an, als würde er mich kennen. Schaut noch mal. Beim dritten Mal sagt er "kennen wir uns ?". Ergebnis: wir kennen uns nicht. Was uns aber nicht daran hindert, über die Skigebiete im Pfälzer Wald und das Vereinsleben im Elschbach zu plaudern.

Betrachtet von einem in sich irgendwie ängstlich zusammengesunkenen älteren Herrn. Als er kam, hatte er die freie Auswahl an Sitzen im Wartezimmer. Und wo setzt er sich hin ? Auf den engsten Platz, ein dazugeschobener Stuhl unter dem auf einem Regal stehenden Fernseher. Der Herr kann kaum seine Beine bewegen, weil halb vor seinem Stuhl ein anderer Stuhl steht. So sitzt er unveränderbar unbequem untätig. Unglücklich wirkt er nicht dabei. Wenigstens ist das Fernsehbrett stabil.

Im nächsten Wartezimmer, anderer Arzt, war alles anders. Zwei Welten trafen sich.

Die eine Welt dieser braunbeige Herr, an dem irgendetwas anders ist. Ohrschützer, Mütze kann schnell verneint werden. Haare bejaht. Aber warum trägt der Herr die Haare eher kurz, über den Ohren aber lang und diese vollkommen abdeckend. Sieht irgendwie sehr ungewohnt aus. Nicht hässlich, aber exotisch. Extravagant, aber nicht als Philosophie.

Meine Vermutung bestätigt sich, als ich den Herrn kurz fixiere. Die Haare über den Ohren haben einen Grund. Denn er ist noch nicht so weit, seine abstehenden Ohren frei zu zeigen. Schade.

Und dann diese Familie. Sowas habe ich ja noch nie gesehen.

Die Mutter, runzlig im Gesicht, quirlig und topfit in den Gedanken. Ganz in schwarz, ein paar beige Details im Pullover. Neben ihr die Tochter, jung, schwarz gekleidet. Die Haare dunkelrot. Das Gespräch der beiden, laut genug geführt, macht richtig froh.

Der Sohn ist aus dem Obergeschoß ausgezogen und die Tochter zieht dort ein. Bekommt aber nur die Hälfte der Wohnung, weil die Mutter zwei Zimmer für sich in Anspruch nimmt. Mit den Worten "erst komm ich mal dran" und "da geh ich dann rauf, wenn ich meine Ruhe will oder Krach mit dem Vadder hab".

Der "Vadder" sitzt daneben. Seelenruhig. Bärenruhig. Ein außergewöhnlicher Mensch. Ganz in schwarz, die Schuhe braun. Auch so um die 60. Ein Gesicht wie der junge Horst Tappert. Aber .... Pferdeschwanz. Genial das.

Eltern, wie ich sie mir gewünscht hätte. Eine Tochter, wie man sie sich wünschen kann.

Die drei diskutieren weiter, der Vater beruhigt, dass man den Schrank schon noch umziehen kann, er will mal schauen, ob er ihn verstärkt. Und die Mutter erzählt, dass dann mit den neuen Zimmern auch mehr Platz ist, wenn die anderen Kinder zu Besuch kommen und dass sie hofft, dass das auch öfter passiert. Und dann betont sie noch einmal, dass jetzt erst mal sie dran ist.

 

Engelbert 03.03.2005, 17.40

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Kommentare zu diesem Beitrag

4. von Marlis

Herrlich, eine Unterhaltung,wie ich sie liebe, einfach und unkompliziert. Hier, wo ich arbeitsmäßig gerade bin, setzt man nur auf hochtrabende Gespräche.*puh
Guten Morgen, Euch allen

vom 04.03.2005, 07.23
3. von Sonnenstrahl

Lieber Engelbert,

kennst Du die Bücher von Bärbel Mohr, z.B. "Bestellungen beim Universum"? Damit könntest Du Dein Parkplatz-Problem in den Griff kriegen ;))

Liebe Grüße vom Sonnenstrahl, der sich alles erdenklich Mühe gibt, euch morgen ein bisschen Wärme zu bescheren...

vom 03.03.2005, 23.29
2. von Ulla M.

Hallo Engelbert,

herrlich, wie Du die Leute beobachtest und die Gespräche hier aufzeichnest. Wenn ich im Wartezimmer sitze, mache ich mir natürlich auch immer so meine Gedanken oder höre auch mal zu, was die erzählen.

Liebe Grüße aus dem abendlichen Gernrode

Ulla

vom 03.03.2005, 17.50
1. von Sonia

Köstlich, am besten gefällt mir diese Familienmutter mit den Details (meinst du Krümel oder Glitzerstückchen oder was?) im Pullover....
Sonia

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